Am 24. Juni fand der erste bundesweite Aktionstag #ParitätJetzt statt.
Begonnen hat der Tag mit einer Aktion vor dem Bundestag. Vielen wird noch das Foto von Markus Söder aus dem Februar in Erinnerung sein, als sich CDU und CSU zu politischen Abstimmungen in Berlin trafen und unfreiwillig demonstrierten, was bei vielen politischen Entscheidungen fehlt: Die Stimmen und Perspektiven von Frauen. Ein großer Aufsteller lud Frauen dazu ein, sich mit an genau diesen Tisch zu setzen.
In keinem deutschen Parlament sind Frauen zu 50% vertreten. Das wollen wir ändern – für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen (FLINTA) und Männern. Am 14.09. diskutiertien Ministerin Ursula Nonnemacher (Ministerin für Soziales, Gesundheit, Integration und Verbraucherschutz des Landes Brandenburg), Elke Ferner (Vorstandsmitglied Deutscher Frauenrat), Dr. Hannah Schepers (Mitglied der Gesellschaftspolitischen Kommission des Katholischen Deutschen Frauenbundes) und Prof. Dr. Jelena von Achenbach (Universität Gießen) konkrete Lösungswege, um #ParitätJetzt endlich umzusetzen.
Das Thema Parität ist ein Dauerbrenner. Im Jahr 2022 ist immer noch keine gleiche Repräsentanz aller Geschlechter in der Politik erreicht. Im Bundestag liegt der Frauenanteil bei 34,7%. Der Brandenburger Landtag kommt auf einen Frauenanteil von 35,2%. In den Brandenburger Kreistagen und Stadtverordnetenversammlungen der kreisfreien Städte sind 27,6% Frauen vertreten.
Kommt jetzt Rückenwind von der Bundesebene für die Parität?
Der am 16.03.2022 vom Bundestag angenommene Antrag der Fraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP zur Einsetzung einer Kommission zur Überarbeitung des Wahlrechts und der Parlamentsarbeit gibt Hoffnung.
„Auch erscheint zweifelhaft, ob der Verweis auf die Unterrepräsentanz von Frauen in den Parlamenten bereits ausreicht, um von einer „strukturellen Benachteiligung von Frauen in der Politik“ ausgehen zu können.“
(BVerfG, Beschluss der 1. Kammer des Zweiten Senats vom 06. Dezember 2021 – 2 BvR 1470/20 -, Rn. 49)
Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts spricht eine deutliche Sprache. Das Hauptargument der Beschwerdeablehnung bezieht sich allerdings weniger auf den Inhalt, als auf die Begründung der Beschwerde. Diese sei unzureichend, um eine Grundrechtsverletzung darzulegen. Zudem seien die Länder in ihrer Verfassungsgebung weitgehend autonom. In der Beschwerde fehle außerdem eine ausreichende Begründung, inwiefern eine paritätische Besetzung des Parlaments und der Wahllisten zur Landtagswahl notwendig sei, um den „Anspruch auf Demokratie“ zu erfüllen. Darüber hinaus hätten die Beschwerdeführer:innen sich nicht ausreichend mit dem Grundsatz der Gesamtrepräsentation beschäftigt, wonach eine regional oder sonstige Zugehörigkeit (z.B. zu Parteien, Unternehmen, Gewerkschaften, Alters- oder Geschlechtergruppen) kein Kriterium darstellt, um die Wähler:innenschaft angemessen repräsentieren zu können.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hat die Beschwerde von einigen Thüringer:innen gegen das Urteil zum gekippten Paritätsgesetz nicht angenommen.
Hauptargument der Ablehnung war die unzureichende Begründung, inwiefern das gekippte Gesetz die Grundrechte der Beschwerdeführer:innen einschränke. Darüber hinaus wiesen die Richter:innen auf die weitgehende Autonomie der Länder in der Gestaltung ihrer Verfassung hin. Zudem fehle die Ausführung, weshalb eine paritätische Besetzung des Parlaments und der Wahllisten zur Landtagswahl notwendig sei, um den „Anspruch auf Demokratie“ und eine angemessene Repräsentanz der Wähler:innenschaft zu erfüllen.
Thüringen ist im Juli 2019 dem guten brandenburgischen Beispiel gefolgt und hat als zweites Bundesland ein Paritätsgesetz verabschiedet. Doch nun wird die Gleichberechtigung der Geschlechter im Thüringer Parlament mit Füßen getreten.
Es ist die AfD-Fraktion im noch jungen 7. Brandenburger Landtag, die in der 4. Plenardebatte die Aufhebung des Paritätsgesetzes verlangt. Warum? In ihrer offiziellen Begründung versteckt sich die AfD-Fraktion hinter der Maske der Verfassungswidrigkeit. Die wahren Gründe, weshalb sie dieses Gesetz nicht will, sind jedoch offenkundig: Die AfD hält am überholten Rollenbild der Frau, die Haus und Hof hütet, fest. Sie lehnt Maßnahmen zur Frauenförderung konsequent ab, auch parteiintern. Selbst die Gründung von parteiinternen Frauenorganisationen ist per Satzung explizit ausgeschlossen.
Wie genau können wir Parität in den Parlamenten herstellen? Welche Wege und Modelle gibt es eigentlich? Es ist gar nicht so schwer! Der Deutsche Frauenrat hat ein Erklärvideo produziert, das aufzeigt, welche Möglichkeiten es gibt, das bundesdeutsche Wahlrecht so zu ändern, dass der Bundestag eines Tages paritätisch besetzt ist. Sowohl für die Direktwahlkreise (Erststimme) als auch für die Landeslisten (Zweitstimme).
Anke Robert, Teil des Paritätsteams des Frauenpolitischen Rats, ist ins Saarland eingeladen worden und berichtete dort am 11. November 2019 im Rahmen der Veranstaltung „Wege zu einem Paritätsgesetz – Was sind die Hürden, wie gelingt die Durchsetzung?“ über unseren, den Brandenburger Weg, zum Paritätsgesetz.