Bedrohung kommunaler Amts- und Mandatsträger*innen: es braucht den geschlechtsspezifischen Blick!

Frauen sind diversen Herausforderungen in der Kommunalpolitik ausgesetzt. Dazu gehören neben überholten Geschlechterstereotypen und Sexismus auch Bedrohungen und (digitale) Gewalterfahrungen.

Die Bedrohungslage von kommunalen Amts- und Mandatsträgerinnen wurde in der Kommunalstudie (2022) des Brandenburger Innenministeriums untersucht. Ein Ergebnis war, dass mehr als jede dritte Person mit einem kommunalpolitischen Amt oder Mandat im Untersuchungszeitraum von 2014-2021 Opfer von Angriffen geworden ist. Frauen sind dabei leicht häufiger betroffen. Bei ihnen kommen sexualisierte Anfeindungen, Beleidigungen, Drohungen und Gewaltphantasien als besondere Form der Belastung hinzu.

Erschreckend dabei, dass die Bedrohungen zu fast 44% aus dem kommunalpolitischen Raum selber, also aus der eigenen oder anderen Partei oder Fraktion kommen.

Im Falle einer Bedrohungssituation verweist die Polizei Brandenburg auf folgende Hilfestellen:

Im akuten Notfall: 110 wählen und Anzeige bei der örtlichen Dienststelle erstatten

Im Polizeipräsidium gibt es eine Ansprechstelle für Mandatsträger*innen: 0331 283 4040

Weitere Hilfestellen (z. B. Opferhilfe Weißer Ring e.V., Netzwerk der brandenburgischen Frauenhäuser e.V., Opferperspektive) sind hier verlinkt.

Auf diese weitreichende Bedrohungssituation braucht es aber auch langfristige strukturelle Maßnahmen als Antwort.

Zunächst sollten allen Mitarbeiter*innen öffentlicher Stellen, vor allem im Bereich der öffentlichen Sicherheit und jenen, die mit Menschen in Bedrohungssituationen zu tun haben (Verwaltung und Polizei) ausreichend Wissen und eine Sensibilisierung für das Thema sexualisierter Gewalt haben. Gezielte Anti-Bias-Trainings und Weiterbildungen zum Umgang mit Opfern geschlechtsspezifischer Gewalterfahrungen können praktische Hilfestellungen für den Umgang mit Opfern von Angriffen bieten.

Bisher spielt die Kategorie geschlechtsspezifischer Gewaltandrohungen eine untergeordnete Rolle. Dieser Aspekt sollte in offiziellen Statistiken eine zentralere Rolle einnehmen. Denn: um ergriffene Maßnahmen valide auswerten zu können und weitere Schritte daraus ableiten zu können braucht es eine zuverlässige empirische Grundlage.

Ein weiteres Mittel können Dialogforen gegen Diskriminierung und Sexismus sein. Dafür sollten unter anderem die kommunalen Spitzenverbände (der Landkreistag, der Brandenburger Städte- und Gemeindebund), Vertreter*innen der Kommunen (Verwaltung und gewählte Vertreter*innen), die Kommunalvereinigungen der Parteien sowie die Kommunalakademien mit Expert*innen für das Thema an einen Tisch gebracht werden. Um das Austauschformat von Beginn an auf ein breites Fundament zu stellen, sollten Expert*innen von gleichstellungspolitischen Akteuren wie dem Frauenpolitische Rat Land Brandenburg e.V., Frauen aufs Podium e.V. sowie die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten und die Landesgleichstellungsbeauftragte mit eingebunden werden.

Ziel des Dialogforums sollte eine gemeinsame Erklärung sein, die öffentlichkeitswirksam kommuniziert wird. Damit könnte ein wichtiger Beitrag geleistet werden, um vor allem die politische Kultur weniger sexistisch zu gestalten.

Hilfe im Notfall, gleichzeitig eine langfristige Veränderung der politischen Kultur und öffentlichen Strukturen sind ein Schritt auf dem Weg zur Lösung. Mehr Wissen, Sensibilisierung und ein öffentlichkeitswirksames Bündnis könnten die Brandenburger Antwort sein, um alle Menschen in der Politik zu stärken, die einem hohen Risiko für geschlechtsspezifische Gewalterfahrungen ausgesetzt sind.

von Anna Emmendörffer

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